Bio + Fair: auch ein Baustein für die Zukunft der Jugend
Wie schon geblogt, führte uns unsere Sommerweltreise über den Simbabwe-Winter nach Nepal und Darjeeling in den Monsun. Wir haben unsere Projektpartner für Bio-Gewürze und -Tees:
– KAITE / All organic Africa in Simbabwe
– Kanchanjangha Tea Estate in Nepal
– TPI / Bio-Fairtrade-Plantagen und Kleinbauern-Kooperativen in Darjeeling
besucht, und dabei ca. 35.000 km in 20 Tagen zurückgelegt.
Wir kamen auf unserer Reise auch viel mit jüngeren Menschen ins Gespräch. Bei der (Neu-)Organisation der kleinbäuerlichen Bio-Landwirtschaft ist es ein Schwerpunkt, auch für die nachfolgenden Generationen Grundlagen für ein sicheres Einkommen zu schaffen. Nur so können die Menschen auf dem Land es sich leisten, dort sesshaft zu bleiben und Familien zu gründen. Die Alternative, in die Megametropolen zu ziehen, hört sich nicht wirklich cool an.
Ein bäuerliches Landleben muss nicht auf Bildung verzichten – wir trafen den einfachen Bauern, der sich eine kunstvolle Zisterne zur Bewässerung konstruierte, junge Frauen, die verantwortlich für Gruppenleitung und Qualitätssicherung in Kooperativen waren, genauso wie studierte Berater für Ökolandbau, die in einem Bezirk Berater und Kommunikatoren für ca. 400 Bio-Bauernfamilien sind.
Das tradierte Wissen ist natürlich ebenfalls Bildung und darf nicht verloren gehen – uns hat z.B. die hausmedizinische Kenntnis über Pflanzen der Bauern in Nepal beeindruckt. Alle Kleinbauernprojekte forschen auch – Topthema ist die Reaktion auf den Klimawandel.
Begeistert hat uns auf unserer Reise, wie unbefangen wir aufgenommen wurden, einmal sogar mit Gesang und Tanz, und wie offen wir am Alltag unserer Bauernpartner teilhaben durften. Wir haben einiges dazu gelernt und noch mehr Gefühl für die Ware, die wir importieren und bei uns weiterhandeln, bekommen. Euch möchten wir das mithilfe des reichen Bildmaterials, unserer Website, und QR-Codes auf der Ware nun hier weitererzählen.
So ein Besuch wirkt immer auch beidseitig: die Kleinbauern und -bäuerinnen haben unsere weite Reise zu ihnen als Wertschätzung empfunden, und stellten viele Fragen, was denn nun mit den Produkten weiter passiert, die sie anbauen, pflegen, sammeln, ernten und trocknen.
In Diskussionen wurden Ideen entwickelt, was man noch Weiteres machen könnte.
Eine unsere Aufgaben war, die Erwartungen der westlichen KonsumentInnen zu erklären bezüglich Verarbeitung, Hygiene und Geschmack. Durch die Reisen werden die Grenzen durchlässiger, und wir werden an den Nahtstellen zur globalen Familie. Natürlich gibt es eine Menge clashs of culture bzw. unterschiedliche Interessen und Lebenserfahrungen zwischen einem afrikanischen Kraldorf und europäischer Konsumgesellschaft mit überbordendem Qualitätssicherungssystemen, die die Urproduktion “natürlich” unter aseptischen Laborbedingungen sehen möchten.
Jugend und Zukunft: in den besuchten Ländern ist die Überwindung von Armut und Perspektivlosigkeit der Jugend die wichtigste Aufgabe, um Frieden zu erhalten (wie in vielen Nachbarregionen auch). Wir durften eine fröhliche und entspannte Atmosphäre erleben; uns wurde aber auch von dem Brodeln unter der Oberfläche berichtet:
Niemand weiß, was passiert, wenn Simbabwe-Diktator Mugabe abtreten muss, der das Land mit seinem eisernen Griff zusammenhält – ob es eventuell in Partikularinteressen zerfällt.
Nepal ist noch immer ein Nach-Bürgerkriegsland mit einer fragilen, jungen Demokratie und einer frischen Regierung (Nov.2013 – die herrschenden Maoisten haben die Wahl verloren) – mit großem Reich-Arm-Gefälle und den Resten eines absurden Kastensystems.
In der Provinz Darjeeling gibt es eine starke und zuweilen gewalttätige Autonomiebewegung junger Gurkhas (Nepalesen in 3./4. Generation in Indien, hohe Arbeitslosenquote unter den jungen Männern. Die Ethnie der Gurkhas ist traditionell nicht unbedingt ein Synonym für Pazifisten), die raus aus dem kulturell sehr unterschiedlichen Bundesstaat West-Bengalen will, und auch raus aus den postkolonialen Strukturen der Teeplantagen-Wirtschaft (die zwar existenzsichernd ist, aber negativ interpretiert Merkmale von Leibeigenschaft aufweist). Darjeeling ist andererseits eine der schönsten Kulturlandschaften, die eigentlich Weltkulturerbe sein müsste.
Die Zusammenarbeit von postkolonialen Bio- und Fairtrade-Teeplantagenstrukturen mit selbstständigen Kleinbauernkooperativen (wie Singell/Potong/Teesta und Selimbong/Mineral Springs, die wir besucht haben) ist deshalb eine politisch/ökonomisch interessante Entwicklung. In derselben Logik wird auch KAITE in Simbabwe schon mal von den Bezirksregierungen gefördert. Wir denken, dass wir mit unserer kleinen Heuschrecke die Pflicht haben, Produkte aus kleinbäuerlicher Biolandwirtschaft zu handeln und bekannt zu machen, und ein kleiner, aber feiner Baustein sind, der Ansätze, Spuren, Anstöße … vermittelt.
Ursula Stübner, Heinz-Dieter Gasper
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